Preisträger*innen des 12. dokKa

dokKa-Förderpreis der Stadt Karlsruhe

„Palliativstation“ von Philipp Döring

Was kann uns ein Film abverlangen? Oder: wie schafft es ein Film, dass er uns hineinzieht - in eine Welt, die wir nicht kennen, vor der wir vielleicht Angst haben, voller Schmerzen, Selbstvorwürfe, aber eben auch Würde, stillem Glück und tiefer Intimität. Ein Film wird zu einem Ereignis, wenn er – wir in diesem Fall - unseren Blick verändert. Und nachwirkt. Der Filmautor schafft es mit seiner Kameraführung, einfühlsam zu wechseln zwischen großer Nähe und wohltuender Distanz und damit die Gespräche und Berührungen zwischen Patientinnen und Ärzten, Pflegeteam nahe zu bringen. Nie voyeuristisch, stets respektvoll und mit großem Vertrauen. Jederzeit würdevoll. Vor schweren Entscheidungen. Bei überraschenden Wendungen. In den letzten Momenten. Und es gibt so viele von diesen eindrucksvollen und starken Momenten in diesem Film! Aber es werden auch nicht die strukturellen Probleme des Klinikalltags ausgeblendet, die zunehmende Belastung, die fehlende Zeit für die nahe Begleitung. Wir werden mitgenommen zu den schweren Entscheidungen in den Familien und Partnerschaft, in ihre Lebensgeschichten, das gemeinsame Altern, die aufziehende Einsamkeit, wenn der eine Partner früher geht. 4 Stunden sind wir als Zuschauer gefordert und werden mitgenommen in diesen geschützten Raum, immer näher, immer tiefer – der Film ist für das Publikum auch ein halber Arbeitstag auf Station. Und immerzu ein filmisches Ereignis!

Danke an Philipp Döring. Und das für sein Erstlingswerk „Palliativstation”!
Herzlichen Glückwunsch für den dokka-Förderpreis der Stadt Karlsruhe!

dokKa-Preis der Ursula Blickle Stiftung

„SONNENSTADT“ von Kristina Shtubert
Preisgeld: 10.000.— Euro

Schneebedeckte Berglandschaften, die Milch frisch von der Kuh. Glückliche Kinderstimmen, lachend aus dem Wald und dazu das Läuten der Kirchenglocken. In einem idyllischen Bergdorf versteckt sich das ursprüngliche Leben. Mit einer Kamera, die ruhig und nahbar der Körperlichkeit ihrer Protagonist*innen folgt und einer Montage, die das Kaleidoskop aus einzelnen Lebensgeschichten zusammenhält, tauchen wir ein in Geschichten von Menschen, die sich nach einem utopischen Leben sehnen. Auf der Suche nach Sinn und Zugehörigkeit hat sich eine Glaubesgemeinschaft gebildet; am Fuße eines Berges, zu dem wir immer hochschauen. Sie folgen ihrem Erlöser, Wissarion, einem Mann, der sich für die Wiedergeburt Christi hält und die Bergspitze in seinem Palast bewohnt. Seine Autorität ist liegt unsichtbar und subtil wirkungsvoll auf dem Dorf. In einer faszinierenden Zusammenarbeit aller Gewerke schafft es dieser Film Skurrilität, Gewalt und Verständnis miteinander zu balancieren und auf der Bildebene zu akzentuieren. Immer wieder bietet er Leerstellen, um das soeben Erlebte zu verarbeiten.

Für diese subtile Darstellung menschlicher Sehnsüchte und Machtstrukturen, zeichnen wir „SONNENSTADT” mit dem dokka-Hauptpreis der Ursula Blickle Stiftung, für den besten Dokumentarfilm aus. Herzlichen Glückwunsch an die Regisseurin Kristina Shtubert.

Preis für die ausgewählte Hördokumentation

„Strafkolonie der Frauen. Politische Gefangene in Belarus erzählen“ von Inga Lizengevic

Karlsruhe ist eine Stadt des Rechts. In Demokratien wird das Recht als das Ergebnis politischen Ringens zwischen unterschiedlichen Interessen angesehen, es wird als änderbar und nicht selten auch änderungsbedürftig betrachtet. Recht ist ein Herrschaftsinstrument, das Interessen sichert und Regelverstöße sanktioniert. Es ist es auch ein Mittel zur Kontrolle von Herrschaft, zur Sicherung gleicher Rechte und zum Schutz von Minderheiten.
Anders in Autokratien: Hier herrscht keine Rechtsstaatlichkeit. Wir möchten heute eine Audio-Dokumentation auszeichnen, die weiblichen Stimmen Raum gibt – die mutig ihre Stimme gegen ein autoritäres Regime erheben, die für Menschenrechte und Freiheit kämpfen, und von Schauprozessen, Misshandlungen und menschenunwürdigen Haftbedingungen berichten. Ihre Stimmen zu hören hat uns berührt. Sie erinnern uns auch daran, immer wieder das Wort zu ergreifen gegen autoritäre Gesinnung und für freiheitlich-demokratische Grundrechte.

Der Preis für die ausgezeichnete Hördokumentation 2025 geht an: „Strafkolonie der Frauen. Politische Gefangene in Belarus erzählen“ von Inga Lizengevic.