Die Preisträger*innen des 7. dokKa Festivals stehen fest.

Die Preisverleihung des siebten dokKa Festivals lässt sich hier nachschauen.

 

 

Der dokKa-Förderpreis geht an Matthias Lintner für "Träume von Räumen"

Ein junger Filmemacher fragt was es heißt sich einen Ort anzueignen. Die Kamera, mal in elegischen Fahrten, bedacht kadrierten Tableaus oder zufällig wirkenden Einstellungen der Unmittelbarkeit ist Zeuge seines Arbeitsprozesses, seiner Begegnungen mit Bewohnern dieses von Räumung bedrohten Ortes. Ratten werden verscheucht, es wird geraucht, getrunken, gemalt, geputzt und miteinander geredet. Und in alldem immer wieder der Filmemacher, der Georges Perec liest und die vermeintlichen Kleinigkeiten des Alltags registriert: das Schattenspiel auf der Treppenhauswand, die Hand des Mädchens auf dem schlafenden Körper des Hundes, den älteren Herren, der wehmütig in seiner von Puppen gefüllten Wohnung steht. Der Filmemacher stellt sich mit seinem Körper und seinen zwischen Annäherung und Dissens changierenden Beziehungen zur Disposition und tatsächlich entsteht etwas Flirrendes: Räume zurückerobern durch filmisches Erzählen, das sich noch auf der Suche nach Bildssprache und Form befindet, dem können wir hier beiwohnen. Aus einer inneren Dringlichkeit ist ein filmischer Essay entstanden, der Verletzlichkeit und Zweifel zulässt und auf Vergänglichkeit verweist, denn auch der Filmemacher muss diesen Ort verlassen, den er sich zuvor noch mit filmischer Neugier angeeignet hat. 

 

Der dokKa-Preis für die ausgezeichnete Hördokumentation geht an Marie von Kuck für "Die Kinder von Station 19 - Auf der Suche nach den Opfern einer Verwahrpsychiatrie"

Eine dokumentarische Arbeit, die gemacht werden musste. Am Anfang steht ein Bild aus ferner Erinnerung, das die Autorin noch ein Vierteljahrhundert später in ihre Träume verfolgt. Eine mehrjährige Recherche beginnt, die sich auch da nicht entmutigen lässt, wo sie nicht weiterführt. Also oft. Die Hördokumentation erzählt etwas, das verschwiegen werden soll – ein Kapitel aus der deutschen Psychiatriegeschichte, in dem sich eine unmenschliche Praxis durch verschiedene Systeme zieht. Das Feature beeindruckt durch seine kluge Dramaturgie und unangestrengte Komplexität. Nie macht es sich die Autorin leicht mit Zuschreibungen, vielmehr öffnet sie auch durch die Selbstbefragung der Erzählerinnenstimme einen Raum, in dem man Geschichte genauer sehen kann. Und wenn das Feature mit einem sanften, aber bestimmten Pathos von einem zaghaften Tanz endet, dann zählt der Moment – der nicht an den billigen Triumph einer vermeintlich besseren Gegenwart über das Gestern verkauft wird.

 

Der dokKa-Preis der Stadt Karlsruhe geht an Sabine Herpich für "Kunst kommt aus dem Schnabel wie er gewachsen ist"

Ein leeres Blatt Papier. Eine Hand setzt mit einem Stift erste Zeichen. Menschen suchen nach einem Ausdruck, hinterlassen Spuren. Die Kamera dokumentiert diesen Prozess. Spannung und Magie liegt in solchen Momenten. Es ist bewegend dabei sein zu dürfen, wenn Kunst entsteht. Zwischen Film und Kunstproduktion bilden sich Parallelen: Präzise und sorgfältig wie die Künstler*innen ist auch die Filmemacherin in ihrer einfachen und klaren Art der Beobachtung. Der Kontext, in dem diese Kunst geschaffen wird, ist Teil des Filmes. Auch die Kunstwerkstatt Mosaik für Menschen mit Behinderung in Berlin-Spandau ist Teil des Kunstmarktes und handelt mit den hier hergestellten Werken. Die Kunst wird beschrieben, vermittelt, ausgestellt und verkauft. Und trotzdem behalten die hier in Lohnarbeit angestellten Künstler*innen und ihre Werke eine widerständige Autonomie. Was ist Kunst? Und warum wird sie gemacht? Auch nach diesem Film wissen wir das nicht genau, aber wir können spüren, wie wichtig und schön sie sein kann.